NeuroLeadership Podcast - Episode 1
“Warum die Zukunft der Führung nervensystembasiert ist”
Willkommen bei NeuroLeadership – Führung trifft Nervensystem. Dein Podcast für klare Führung, mentale Stärke und neuroinklusive Organisationen. Hier bekommst Du in wenigen Minuten: Wissenschaft, Wirkung – und Werkzeuge.
69% der Mitarbeitenden weltweit geben an, dass ihre Führungskraft den größten Einfluss auf ihre mentale Gesundheit hat. Nicht die Familie. Nicht der Therapeut. Die Führungskraft.
Lass das einen Moment wirken.
Fast 70% aller Menschen, die du führst, werden durch dich mental entweder gestärkt oder geschwächt. Führung wirkt. Sie beeinflusst Menschenleben – so oder so.
Die entscheidende Frage ist: Möchtest du führen oder schaden?
Mein Name ist Xeniaund ich unterstütze Führungskräfte dabei, durch Verständnis des Nervensystems authentischer, resilienter und wirkungsvoller zu führen. Heute erklären wir, warum die Zukunft der Führung nervensystembasiert sein wird – und warum du schon heute davon profitieren kannst.
TEIL 1: WELCHE FÜHRUNG AUF DAUER DER MENTALEN GESUNDHEIT SCHADET
Kennst du diese Situationen aus deinem Arbeitsalltag?
Situation 1: Die unklare Auftragslage
Du erhältst eine E-Mail mit einem neuen Projekt. Aber wesentliche Informationen fehlen: Wer ist genau verantwortlich? Bis wann muss was geliefert werden? In welcher Form wird das Ergebnis erwartet? Fragen bleiben unbeantwortet oder werden mit “Das klären wir später” abgetan. Dein Nervensystem registriert sofort: Unsicherheit. Gefahr. Du spürst, wie dein Stresslevel steigt, deine Gedanken kreisen, deine Produktivität sinkt.
Situation 2: Die Ad-hoc-Projektänderung
Du hast tagelang an einer Präsentation gearbeitet. Alles ist fertig, durchdacht, bereit zur Vorstellung. Dann, zwei Stunden vor dem Meeting: “Wir brauchen einen komplett anderen Ansatz.” Ohne Erklärung, ohne Kontext. Deine Arbeit – für den Mülleimer. Dein Nervensystem schaltet in den Alarmzustand: Frustration, Ohnmacht, vielleicht sogar Wut. Oder du fühlst dich innerlich leer, abgeschaltet, resigniert.
Situation 3: Das kontextlose Feedback-Gespräch
Eine Kalendereintragung erscheint: “Feedback-Gespräch mit der Führungskraft” – ohne weitere Erklärung. Drei Tage hängt dieser Termin wie ein Damoklesschwert über dir. Dein Gehirn spielt alle möglichen Szenarien durch, meist die negativen. Dein Nervensystem ist in ständiger Alarmbereitschaft, deine Schlafqualität leidet, deine Konzentration schwindet.
Was haben diese Situationen gemeinsam? Sie alle aktivieren in unserem Nervensystem einen Zustand, den wir als “Unsicherheit” wahrnehmen. Und unser Nervensystem hat eine klare Priorität: Überleben sichern. Nicht: kreativ sein. Nicht: strategisch denken. Nicht: offen kommunizieren.
Wenn dein Nervensystem in diesem Alarmzustand ist, bist du physiologisch nicht in der Lage, dein volles Potenzial zu entfalten. Das ist keine Frage der Einstellung oder des Mindsets – es ist Neurobiologie.
TEIL 2: WARUM ES IN DER PRAXIS BEDEUTET, DAS NERVENSYSTEM IN DEN FOKUS ZU STELLEN
Hier kommt ein Konzept ins Spiel, das für jede Führungskraft revolutionär sein kann: Neurozeption.
Neurozeption, ein Begriff geprägt vom Neurowissenschaftler Stephen Porges, beschreibt einen automatischen, unterbewussten Prozess, durch den unser Nervensystem kontinuierlich unsere Umgebung auf Sicherheit oder Gefahr scannt. Es ist wie ein uraltes Sicherheitssystem, das ständig im Hintergrund läuft – lange bevor unser bewusster Verstand eine Situation analysiert hat.
Was bedeutet das in der Praxis?
Stell dir vor: Du betrittst einen Meetingraum. Noch bevor du bewusst darüber nachgedacht hast, hat dein Nervensystem bereits registriert:
* Die Körperhaltung der anderen Anwesenden
* Den Tonfall der Gespräche
* Subtile Gesichtsausdrücke
* Die Raumtemperatur und Beleuchtung
* Ob Menschen den Blickkontakt halten oder vermeiden
All diese Informationen werden in Millisekunden verarbeitet und führen zu einer von drei Reaktionen deines Nervensystems:
1. Ventral-vagaler Zustand – Sicherheit und Verbindung: Hier fühlst du dich sicher, offen, verbunden. Dein Gesicht ist ausdrucksstark, deine Stimme moduliert, du bist präsent und kreativ. Dies ist der Zustand, in dem echte Zusammenarbeit, Innovation und Wachstum möglich sind.
2. Sympathischer Zustand – Mobilisierung: Hier nimmt dein Nervensystem eine Bedrohung wahr. Dein Herzschlag beschleunigt sich, deine Muskeln spannen sich an, du wirst unruhig. Du bist im Kampf-oder-Flucht-Modus – bereit zu argumentieren, zu verteidigen oder (metaphorisch) zu fliehen.
3. Dorsal-vagaler Zustand – Immobilisierung: Hier hat dein Nervensystem aufgegeben. Du fühlst dich schwer, müde, abgeschaltet. Deine Stimme wird monoton, dein Gesicht ausdruckslos. Dies ist der Zustand der Erstarrung, der inneren Kündigung, des Burnouts.
Das Revolutionäre an diesem Verständnis: Diese Zustände sind nicht einfach “Einstellungssache”. Sie sind neurobiologische Realitäten, die direkt beeinflussen, wie wir denken, fühlen und handeln können.
Und hier kommt die Co-Regulation ins Spiel – der vielleicht wichtigste Aspekt von Neuroleadership.
Co-Regulation bedeutet: Nervensysteme beeinflussen sich gegenseitig. Als Führungskraft bist du nicht nur für deine eigene Regulation verantwortlich, sondern du beeinflusst aktiv die Nervensysteme deines Teams.
Ein Beispiel: Wenn du als Führungskraft gestresst, hektisch und unkonzentriert in ein Meeting kommst, werden die Nervensysteme deines Teams dies sofort registrieren – lange bevor du ein Wort gesagt hast. Ihre Neurozeption wird “Gefahr” signalisieren, und ihre Nervensysteme werden in den Mobilisierungs- oder sogar Immobilisierungszustand wechseln.
Umgekehrt: Wenn du ruhig, präsent und aufmerksam bist, sendest du Sicherheitssignale. Die Nervensysteme deines Teams können sich an deinem regulierten Zustand orientieren und selbst in einen Zustand von Sicherheit und Verbindung finden.
Das ist Co-Regulation: Die Fähigkeit, durch deinen eigenen Zustand die Nervensysteme anderer zu beeinflussen und in Sicherheit zu bringen.
TEIL 3: DREI DINGE, DIE DU AB SOFORT TUN KANNST, UM DICH UND DEIN TEAM BESSER ZU REGULIEREN
Hier sind drei konkrete Werkzeuge, die du ab heute in deinen Führungsalltag integrieren kannst:
Erstens: Praktiziere bewusste Neurozeption vor Interaktionen
Bevor du ein Meeting leitest oder ein wichtiges Gespräch führst, nimm dir 60 Sekunden Zeit für eine bewusste Neurozeption:
* Spüre deinen Körper: Wo sitzt Anspannung? Wie ist dein Atem? Schnell und flach oder tief und ruhig?
* Nimm den Raum wahr: Wie ist die Beleuchtung? Die Temperatur? Die Sitzordnung?
* Registriere deinen inneren Zustand: Bist du präsent oder abgelenkt? Ruhig oder angespannt?
Diese bewusste Neurozeption hilft dir, deinen eigenen Zustand zu erkennen und bei Bedarf zu regulieren. Atme dreimal tief ein und aus, mit einer längeren Ausatmung als Einatmung. Spüre deine Sitzfläche auf dem Stuhl, deine Füße auf dem Boden.
Diese Mini-Intervention bringt dich in deinen ventralen Vagus-Zustand – den Zustand von Sicherheit und sozialer Verbindung. Von hier aus führst du automatisch anders: präsenter, aufmerksamer, empathischer.
Zweitens: Schaffe Kontextklarheit
Erinnere dich an die Beispiele vom Anfang: Unklare Aufträge, plötzliche Änderungen, kontextlose Feedback-Gespräche. All diese Situationen aktivieren Unsicherheit im Nervensystem.
Die Lösung: Schaffe Kontextklarheit.
* Bei Aufträgen: Stelle sicher, dass alle fünf W-Fragen beantwortet sind: Wer macht was, wann, wie und warum?
* Bei Änderungen: Erkläre den Kontext. Warum ist die Änderung notwendig? Was bleibt vom bisherigen Ansatz wertvoll?
* Bei Feedback: Gib vorab eine kurze Information, worum es geht. “Ich möchte mit dir über das Projekt X sprechen und gemeinsam reflektieren, was wir daraus lernen können.”
Kontextklarheit ist eines der stärksten Sicherheitssignale für das Nervensystem. Sie reduziert Unsicherheit und ermöglicht es dem Nervensystem, im ventral-vagalen Zustand zu bleiben oder dorthin zurückzukehren.
Drittens: Praktiziere aktive Co-Regulation
Co-Regulation ist keine abstrakte Idee – sie ist eine praktische Fähigkeit, die du trainieren kannst:
* Achte auf Anzeichen von Dysregulation bei deinem Gegenüber: schnelles Sprechen, Vermeidung von Blickkontakt, angespannte Körperhaltung oder im Gegenteil: Monotonie, Ausdruckslosigkeit, Rückzug.
* Reguliere zuerst dich selbst: Atme tief, verlangsame dein Sprechtempo, senke bewusst deine Stimme.
* Schaffe Sicherheit durch deine Präsenz: Halte Blickkontakt, nicke, zeige durch deine Körperhaltung Offenheit und Aufmerksamkeit.
* Sprich das Nervensystem direkt an: “Lass uns kurz durchatmen” oder “Ich merke, dass dieses Thema viel Energie braucht. Lass uns einen Moment nehmen, um anzukommen.”
Diese subtilen Interventionen wirken direkt auf das Nervensystem deines Gegenübers und können eine Situation von Stress und Konflikt in eine Situation von Sicherheit und Verbindung transformieren.
ABSCHLUSS & CALL-TO-ACTION
Die nervensystembasierte Führung ist kein Trend – sie ist eine wissenschaftlich fundierte Notwendigkeit in einer Welt, die immer komplexer und schneller wird.
Merke dir diese drei Sätze:
Klassische Führung basiert auf Verhalten. NeuroLeadership basiert auf Wirkung.
Es geht nicht darum, was du tust – sondern welche Wirkung du auf die Nervensysteme deiner Mitarbeitenden hast.
Wer Menschen führen will, muss verstehen, wie Nervensysteme funktionieren.
Die Neurobiologie ist kein Nice-to-have für Führungskräfte – sie ist die Grundlage jeder menschlichen Interaktion.
Führung bedeutet, sich und andere in Sicherheit zu bringen – selbst im Stress.
Deine wichtigste Aufgabe als Führungskraft ist nicht, mehr Druck zu erzeugen, sondern mehr Sicherheit. Nicht mehr Kontrolle auszuüben, sondern mehr Verbindung zu schaffen. Nicht durch Angst zu motivieren, sondern durch neurobiologisch fundierte Präsenz.
In der nächsten Folge werden wir tiefer in die Praxis der Co-Regulation einsteigen und dir zeigen, wie du speziell in Konfliktsituationen das Nervensystem deines Teams unterstützen kannst.
Wenn dir diese Folge gefallen hat, dann abonniere diesen Podcast, teile ihn mit anderen Führungskräften und hinterlasse gerne eine Bewertung.
Bis zum nächsten Mal – sei präsent, sei verbunden, führe mit Verständnis für das Nervensystem.