Transkript: Teamstress durch Neurodiversität
[Musik Intro]
Willkommen bei NeuroLeadership – Führung trifft Nervensystem. Dein Podcast für klare Führung, mentale Stärke und neuroinklusive Organisationen. Hier bekommst Du in wenigen Minuten: Wissenschaft, Wirkung – und Werkzeuge. Schön, dass Du da bist.
[Kurze Pause]
Emotionaler Einstieg & Problem‑Agitation
Es ist Montagmorgen, 9 Uhr. Dein Team sitzt im Konferenzraum fürs wöchentliche Projektmeeting. Deine Projektleiterin wirkt sprunghaft, nicht ganz bei der Sache. Der Controller wird spürbar angespannt und stellt heute mehr Detailfragen als sonst. Deine Market‑Lead starrt auf den Laptop und sagt kein Wort.
Das Resultat? Ein Meeting, das für alle Stress bedeutet. Produktivität – naja. Kreativität – heute nicht spürbar. Und am Ende gehen alle nach Hause, ohne ihr eigentliches Potenzial gezeigt zu haben.
Und Du? Stell Dir vor, Du kommst abends nach Hause und jemand fragt: „Wie war Dein Tag?“ Statt „Anstrengend, irgendwie war wieder der Wurm drin“ sagst Du: „Mega interessant. Ich habe heute verstanden, warum mein Team so tickt.“ Genau diesen Unterschied möchte ich heute möglich machen.
Hier ist die unbequeme Wahrheit: Kognitive Vielfalt – also die unterschiedlichen Arten, wie Menschen denken, verarbeiten und kommunizieren – kann Dein größter Wettbewerbsvorteil sein, aber nur, wenn Du sie führst. Ohne Bewusstsein und Struktur wird Neurodiversität zur unsichtbaren Herausforderung.
Mein Name ist Xenia Matthies. In dieser Episode sprechen wir über ein Phänomen, das Organisationen täglich Millionen kostet: Teamstress durch kognitive Vielfalt. Du erfährst, warum unterschiedliche Denkstile zu Konflikten führen, was Maskierung wirklich bedeutet und vor allem: wie Du als Führungskraft diese Vielfalt zu Deinem Vorteil nutzt.
[Selbstreflexions‑Impuls] Stoppe – wenn möglich – kurz den Podcast und denke an Dein letztes Teammeeting. Wer hat sofort geredet? Wer hat zugehört? Wer war innerlich abwesend? Notiere Dir drei Namen. [Pause]
Teil 1 – Das unsichtbare Problem: Wenn verschiedene Gehirne aufeinandertreffen
Neurodiversität – oder, wie ich gerne sage, kognitive Vielfalt – bedeutet: Jedes Gehirn konstruiert seine Wirklichkeit anders. Manche denken linear und strukturiert, andere springen assoziativ. Einige brauchen das große Bild, andere die Details. Manche verarbeiten Informationen blitzschnell, andere brauchen Zeit zum Durchdenken. Diese Unterschiede sind normal – und sie sind wertvoll.
Das wissen wir theoretisch seit Jahren. In der Praxis scheitert es oft an der Führung. Schauen wir auf ein typisches Szenario:
Du leitest eine Strategierunde. Tom, Vertriebsleiter, ist ein Big‑Picture‑Denker. Er denkt in Mustern, Trends, Stories. Anna, Controllerin, ist Detail‑First. Sie braucht die Berechnungsgrundlage, Parameter, Forecasts, um sinnvoll zu diskutieren. Nicht, weil sie es „so will“, sondern weil ihr Gehirn so arbeitet.
Was nimmst Du als Führungskraft wahr? Oberflächlich: ein Konflikt zwischen zwei Personen. Tatsächlich prallen zwei kognitive Betriebssysteme aufeinander. Toms Gehirn ist holistisch, Annas sequenziell. Beide haben Recht. Beide sind wertvoll. Ohne Bewusstsein entsteht Reibung – und Leistung geht verloren.
Die Folge in Teams ohne kognitiv kluge Führung:
1. Kommunikationsstress – mehr Missverständnisse, mehr Abstimmungsschleifen, mehr Konflikte.
2. Entscheidungslähmung – Entscheidungen dauern länger, werden öfter hinterfragt.
3. Sozialer Ausschluss – wer „anders“ denkt, zieht sich zurück oder wird übergangen.
Teil 2 – Maskierung: Der versteckte Leistungskiller
Maskierung beschreibt das Unterdrücken eigener kognitiver und sozialer Eigenarten, um dazuzugehören. Ein Beispiel: Lisa ist hochsensibel und detailorientiert. Ihr Team schätzt schnelle Entscheidungen und spontane Kommunikation. Lisa gewöhnt sich an, schnelle Antworten zu geben – obwohl sie eigentlich Bedenkzeit braucht. Sie sagt zu, obwohl sie Risiken sieht. Oberflächlich funktioniert sie – innerlich ist sie im Dauerstress. Ihre Stärke geht verloren.
Warum „passen sich manche nicht einfach an“? Die Antwort heißt kognitive Flexibilität. Neurotypische Menschen können ihre Denkweise situationsabhängig stärker variieren. Neurodivergente Menschen haben oft spiky profiles – ungleichmäßige kognitive Profile: außergewöhnliche Stärken hier, deutliche Schwächen dort. Ein ADHS‑Gehirn wird nicht „einfach strukturierter“, ein autistisches Gehirn nicht „plötzlich spontaner“. Das ist keine Charaktersache – es ist Neurobiologie.
Maskierung hat zwei gut messbare Konsequenzen:
* Präsentismus: anwesend, aber mental gebunden – ein Teil der Kapazität geht in „Rolle spielen“ statt in Wertschöpfung.
* Absentismus: chronische Überlastung führt zu mehr Ausfällen – Schlaf, Kopf, Verdauung, Erschöpfung.
[Hinweis] In den letzten Jahren stiegen psychisch bedingte Ausfalltage in vielen Unternehmen deutlich an. Der gute Teil der Nachricht: Das ist beeinflussbar – mit neuroinklusiver Führung und klaren Prozesssignalen.
Teil 3 – Die Lösung: Kognitive Vielfalt als Führungskompetenz
Der erste Schritt ist Bewusstsein: Konflikte entstehen oft nicht wegen Kompetenz oder Wille, sondern wegen Denkstil‑Mismatch. Der zweite Schritt ist Struktur. Dafür mein pragmatisches Framework: DIVE.
D – Diversität erkennen
Beobachte Denkstile: Wer denkt assoziativ, wer sequenziell? Wer ist visuell, wer auditiv? Wer braucht Vorbereitung, wer denkt laut? Nutze Meeting‑Beobachtung statt Etiketten.
I – Inklusion schaffen
Gestalte Prozesse so, dass alle kognitiven Stile wirksam werden: Agenda vorab, klare Ziele, Denkpausen im Meeting, schriftliche + visuelle + mündliche Kanäle, stille Beiträge einsammeln (Chat/Board), unterschiedliche Arbeitsrhythmen respektieren.
V – Vielfalt nutzen
Mische Denkstile bewusst für komplexe Aufgaben und mache die Komplementarität explizit: „Tom bringt Muster, Anna belastbare Zahlen – zusammen entscheiden wir schneller und besser.“
E – Entwicklung fördern
Fördere Metakognition: Menschen verstehen ihre eigenen Stärken/Bedarfe und die der anderen. Weniger Maskierung, mehr Leistung.
[Social Proof] Ein Technologieunternehmen in München hat diesen Ansatz implementiert. Nach sechs Monaten: weniger Krankheitstage, höhere Innovationsrate, bessere Mitarbeiterzufriedenheit. In einer Metaanalyse zeigte sich zudem: Teams mit bewusst geführter kognitiver Vielfalt sind spürbar innovativer als homogene Teams. (Quelle in den Shownotes.)
[Praxisbeispiel] In einem mittelständischen Unternehmen begleiteten wir ein neuroinklusives Ausbilder‑Training. Das Azubi‑Team: viel ADHS – hohe Kreativität, Ideenfülle; gleichzeitig Probleme bei Planung und Priorisierung. Statt „reißt Euch zusammen“ etablierten wir externe Struktur: visuelle Planungstools, kurze Sprints, klare Verantwortungen, regelmäßige Check‑ins. Ergebnis: deutlich bessere Umsetzung bei gleichbleibend hoher Kreativität.
Teil 4 – Konkrete Strategien für Deine Woche
Strategie 1: Der kognitive blinde Fleck
Frage im nächsten Strategie‑/Retro‑Meeting: „Welche Denkweise fehlt uns hier?“ oder „Welche Perspektive hindert uns, noch schneller/innovativer zu werden?“
Strategie 2: Die Kommunikations‑Matrix
Erstellt gemeinsam eine einfache Matrix: Wer braucht Informationen vorab? Wer denkt laut? Wer braucht Bedenkzeit? Wo dokumentieren wir Entscheidungen? Ergebnis: weniger Reibung, mehr Tempo.
Strategie 3: Der Stärken‑Dialog
15 Minuten 1:1 mit jeder Person: „Wann denkst Du am besten? Was brauchst Du, um Leistung zu bringen? Welche Signale helfen Dir?“ – Mikro‑Formulierungen, die Sicherheit statt Stress senden.
[Merksatz] Die beste Führung passt sich an die Menschen an – nicht umgekehrt. Kognitive Vielfalt ist kein Problem, das gelöst werden muss, sondern ein Potenzial, das geführt werden will.
Abschluss & Call‑to‑Action
Wenn Du spürst, dass in Deinem Team mehr möglich ist – und Du Konflikte, Präsentismus und Absentismus aktiv reduzieren willst – dann geh den nächsten Schritt:
* Hol Dir 3 kostenlose Führungstools – neuroinklusiv und nervensystemzentriert. [Link in den Shownotes]
* Vernetze Dich mit mir auf LinkedIn. Dort teile ich jede Woche praktische Impulse und Cases aus über 500 Gesprächen mit Führungskräften. Schreib mir gern direkt.
Wenn Dir diese Folge gefallen hat, abonniere den Podcast, teile ihn mit Deiner Community und lass eine Bewertung da. So erreichen wir mehr Menschen, die mit dem Nervensystem führen – nicht dagegen.
[Musik Outro]
Sei präsent. Sei verbunden. Führe mit Verständnis für Dein Nervensystem – und das Deiner Teammitglieder.