NeuroLeadership Podcast - Episode 7
“Spiky Profile - was ist das eigentlich?”
STANDARD-INTRO
Willkommen bei NeuroLeadership – Führung trifft Nervensystem. Dein Podcast für klare Führung, mentale Stärke und neuroinklusive Organisationen. Hier bekommst Du in wenigen Minuten: Wissenschaft, Wirkung – und Werkzeuge.
HOOK & EINSTIEG
[Nachdenklicher Ton] Kennst Du das? Du hast einen Mitarbeiter und denkst Dir: “Mensch, eigentlich ist der fast überqualifiziert für den Job.” Er löst komplexe Probleme, die andere nicht mal verstehen. Seine Analysen sind brillant, seine kreativen Ideen beeindruckend. Aber dann…
Dann gibt es da immer wieder diese Themen, wo er es einfach nicht gebacken bekommt. Die einfache Präsentation vor dem Team? Wird zur Katastrophe. Das strukturierte Protokoll? Bleibt liegen. Die spontane Kundenanfrage? Überfordert ihn völlig.
Und Du denkst: “Das ist doch komisch. Vielleicht muss er einfach mal… ja, was eigtl.? sich mehr anstrengen? Strukturierter werden? Sich zusammenreißen?”
[Kurze Pause]
Falls Du Dich in dieser Situation wiedererkennst, dann bist Du heute genau richtig. Denn was Du beobachtest, hat einen Namen: ein Spiky Profile. Und es ist weder ein Charakterfehler noch mangelnde Motivation – es ist Neurobiologie.
Mein Name ist [DEIN NAME] und in der heutigen Folge tauchen wir tief ein in die Welt der Spiky Profile. Du erfährst, was sie sind, warum sie entstehen und – noch wichtiger – wie Du als Führungskraft diese einzigartigen Talente optimal nutzen und unterstützen kannst.
Denn hier ist die Wahrheit: Ein Spiky Profile ist kein Problem, das gelöst werden muss. Es ist ein Potenzial, das verstanden werden will.
TEIL 1: WAS IST EIN SPIKY PROFILE EIGENTLICH?
Ein Spiky Profile beschreibt die ungleichmäßige Verteilung kognitiver Fähigkeiten bei einer Person. Stell Dir vor, Du würdest die verschiedenen Kompetenzen eines Menschen in einem Diagramm darstellen – bei den meisten Menschen würde das relativ gleichmäßig aussehen, wie sanfte Hügel. Bei einem Spiky Profile hingegen siehst Du extreme Ausschläge: hohe Spitzen in manchen Bereichen, tiefe Täler in anderen.
Die Forschung zeigt uns: Menschen mit einem Spiky Profile zeigen außergewöhnliche Stärken in bestimmten Bereichen, während sie in anderen deutliche Herausforderungen haben. Diese Unterschiede können zwei oder mehr Standardabweichungen betragen – das ist neurologisch gesehen ein enormer Unterschied.
Das Spiky Profile ist besonders häufig bei neurodivergenten Personen zu beobachten. Mindestens 20% der Bevölkerung sind neurodivergent, und viele von ihnen haben genau diese ungleichmäßige Verteilung ihrer Fähigkeiten.
Lass mich Dir ein konkretes Beispiel geben: Sarah arbeitet als Datenanalystin in einem Technologieunternehmen. Ihre Fähigkeit, komplexe Datenmuster zu erkennen und innovative Lösungsansätze zu entwickeln, ist außergewöhnlich. Sie kann in Stunden Probleme lösen, für die andere Wochen brauchen. Gleichzeitig fällt es ihr extrem schwer, ihre Erkenntnisse in Meetings zu präsentieren oder spontan auf Fragen zu antworten.
Sarahs Führungskraft war lange frustriert: “Sie ist so brilliant, aber warum kann sie das nicht einfach kommunizieren?” Die Antwort liegt in ihrem Spiky Profile. Ihre analytischen Fähigkeiten sind außergewöhnlich entwickelt, während ihre verbale Verarbeitung unter Zeitdruck eine Herausforderung darstellt.
Wichtig zu verstehen: Das ist keine Schwäche oder ein Defizit. Es ist eine andere Art, wie das Gehirn organisiert ist. Ein Spiky Skills Profile zeigt deutliche Unterschiede zwischen verschiedenen Kompetenzbereichen – und das ist völlig normal für neurodivergente Menschen.
Die traditionelle Arbeitswelt ist oft auf “Generalisten” ausgelegt – Menschen, die in allen Bereichen durchschnittlich gut sind. Aber die Zukunft gehört den Spezialisten, den Menschen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten in spezifischen Bereichen. Und genau das bringen Menschen mit Spiky Profile mit.
TEIL 2: LEISTUNGSUNTERSCHIEDE – NEUROTYPISCH VS. NEURODIVERGENT
Jetzt kommen wir zu einem entscheidenden Punkt: dem Unterschied zwischen neurotypischen und neurodivergenten Leistungsmustern. Dieser Unterschied erklärt, warum traditionelle Führungsansätze bei Menschen mit Spiky Profile oft nicht funktionieren.
Neurotypische Leistungsmuster:
Menschen ohne neurodivergente Eigenschaften zeigen in der Regel konsistente Leistung. Ihre Fähigkeiten sind relativ gleichmäßig verteilt, und ihre Tagesleistung schwankt nur minimal. Sie können in verschiedenen Situationen ähnlich gut performen und sind vorhersagbar in ihrer Arbeitsweise.
Stell Dir vor, Du würdest die Leistung eines neurotypischen Mitarbeiters über eine Woche messen – Du würdest eine relativ gerade Linie sehen, vielleicht mit kleinen Schwankungen, aber grundsätzlich stabil.
Neurodivergente Leistungsmuster:
Menschen mit Spiky Profile zeigen ein völlig anderes Muster. Ihre Leistung kann extreme Höhen und Tiefen haben – manchmal sogar innerhalb eines einzigen Tages. In ihren Stärkenbereichen können sie Leistungen erbringen, die weit über dem Durchschnitt liegen. In ihren Herausforderungsbereichen können sie deutlich unter ihren sonstigen Fähigkeiten performen.
Ein praktisches Beispiel: Marcus, ein Softwareentwickler mit ADHS, kann in seinem Hyperfokus-Zustand in vier Stunden mehr Code schreiben als andere in zwei Tagen. Aber am nächsten Tag, wenn sein Nervensystem erschöpft ist, kann er sich kaum auf einfache E-Mails konzentrieren.
Diese Schwankungen sind nicht willkürlich oder kontrollierbar – sie sind neurologisch bedingt. Das Gehirn von Menschen mit Spiky Profile funktioniert anders. Es hat Zugang zu außergewöhnlichen Ressourcen in bestimmten Bereichen, aber diese Ressourcen sind nicht unbegrenzt verfügbar.
Die Herausforderung für Führungskräfte:
Traditionelle Leistungsbewertung basiert auf Konsistenz. Wir erwarten, dass jemand, der gestern brilliant war, heute genauso brilliant ist. Bei Menschen mit Spiky Profile funktioniert das nicht. Ihre Brillanz ist real, aber sie folgt anderen Mustern.
Spiky Leaders bringen einzigartige Perspektiven in Führungspositionen, aber sie brauchen auch einen entsprecehnden Rahmen, damit diese Stärken wirkung entfalten können.
Es ist übrigens kein wunder, dass besonders viele Menschen an der Untermenehmensspitze neurodivergent sind, denn genau hier können viele ihrer besonders ausgeprägten Stärken zielgerichtet und gewinnbringend einsetzen: Storytelling, divergentes Denken, Mustererkennung. Aber genau diese Positionen haben dann auch den passenden Rahmen: Projektmanager die meilensteine nachhalten, eine persönliche Assistenz die Koordination übernimmt, eine eigene Internal Comms Abteilung die Narrative übersetzt, usw.
Wenn wir kognitive Stärken zu wettbewerbvorteilen machen wollen, dann brauchen wir eine Infrastruktur die das auch ermöglicht.
Neurodiversität alleine bringt uns nicht dort hin. Wir brauchen gezielte Management Strategien, die Kogntivie Profile zusammen bringen, und die natürliche Rhythem und Stärken berücksichtigen.
Ein wichtiger Punkt: Diese Leistungsschwankungen bedeuten nicht, dass die Person unzuverlässig ist. Sie bedeuten, dass ihre Zuverlässigkeit anders aussieht. Wenn Du lernst, die Muster zu verstehen und die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, können Spiky Leaders Teams zu außergewöhnlichen Leistungen inspirieren.
TEIL 3: DREI PRAKTISCHE TIPPS FÜR DEN UMGANG MIT SPIKY PROFILE
Jetzt wird es konkret. Hier sind drei bewährte Strategien, die Du sofort in Deiner Führungspraxis umsetzen kannst:
Tipp 1: Stärken identifizieren und maximieren
Das Spiky Skills Profile hilft dabei, individuelle Stärken zu identifizieren – und genau hier solltest Du ansetzen. Anstatt zu versuchen, die “Schwächen” zu beheben, konzentriere Dich darauf, die Stärken maximal zu nutzen.
Praktisches Vorgehen:
* Führe ein ausführliches Stärkengespräch: “Wann fühlst Du Dich in Deiner Arbeit am kompetentesten? In welchen Situationen vergisst Du die Zeit?”
* Beobachte Leistungsspitzen: Wann erbringt die Person außergewöhnliche Ergebnisse? Unter welchen Umständen?
* Gestalte Aufgaben um diese Stärken herum: Wenn jemand brilliant im analytischen Denken ist, aber Schwierigkeiten mit Präsentationen hat, lass ihn die Analyse machen und jemand anderen präsentieren.
Ein Beispiel: Lisa, eine Marketingmanagerin mit Autismus, ist außergewöhnlich gut darin, Markttrends zu analysieren und datenbasierte Strategien zu entwickeln. Gleichzeitig fällt ihr Networking schwer. Anstatt sie zu Networking-Events zu schicken, wurde sie zur internen Strategieexpertin gemacht. Ihre Analysen fließen in alle Marketingentscheidungen ein, während andere Teammitglieder die externe Kommunikation übernehmen.
Tipp 2: Umgebung und Prozesse anpassen
Menschen mit Spiky Profile brauchen oft spezifische Rahmenbedingungen, um ihre Stärken zu entfalten. Kleine Anpassungen können große Wirkung haben.
Konkrete Anpassungen:
* Arbeitsplatz: Ruhige Bereiche für konzentrierte Arbeit, flexible Arbeitszeiten, die den natürlichen Rhythmus berücksichtigen
* Kommunikation: Wichtige Informationen schriftlich nachfassen, Bedenkzeit für komplexe Entscheidungen einräumen
* Meetings: Agenden vorab verschicken, verschiedene Beteiligungsformen ermöglichen (schriftlich, mündlich, visuell)
* Projekte: Große Aufgaben in kleinere, überschaubare Schritte unterteilen
Ein praktisches Beispiel: Tom, ein Projektmanager mit ADHS, hatte Schwierigkeiten mit langen Planungsmeetings. Die Lösung: Kurze, fokussierte 15-Minuten-Check-ins statt stundenlanger Sitzungen. Zusätzlich bekam er die Möglichkeit, während Meetings zu stehen oder zu gehen. Seine Produktivität und Beteiligung stiegen dramatisch.
Tipp 3: Erwartungen neu kalibrieren
Der wichtigste Tipp: Ändere Deine Erwartungen von “konsistenter Durchschnittsleistung” zu “schwankender Spitzenleistung”. Das bedeutet nicht, die Standards zu senken – es bedeutet, sie anders zu definieren.
Neue Bewertungskriterien:
* Fokus auf Ergebnisse statt auf Prozesse: Wie wird das Ziel erreicht, ist weniger wichtig als dass es erreicht wird
* Längere Bewertungszeiträume: Bewerte Leistung über Wochen oder Monate, nicht über einzelne Tage
* Qualität vor Quantität: Ein brillanter Lösungsansatz kann wertvoller sein als zehn durchschnittliche
* Teamleistung berücksichtigen: Wie trägt die Person zum Gesamterfolg bei?
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Softwareunternehmen stellte fest, dass ihr neurodivergenter Entwickler zwar unregelmäßig arbeitete, aber seine Lösungen so innovativ waren, dass sie dem Unternehmen Millionen sparten. Statt ihn zu kritisieren, passten sie ihre Projektplanung an seine Arbeitsweise an und gaben ihm die Freiheit, dann zu arbeiten, wenn er am produktivsten war.
Diese drei Tipps haben eine gemeinsame Grundlage: Sie erkennen an, dass Vielfalt in der Art, wie Menschen arbeiten und denken, ein Vorteil ist – kein Problem, das gelöst werden muss.
TEIL 4: DIE LANGFRISTIGE PERSPEKTIVE – SPIKY PROFILE ALS WETTBEWERBSVORTEIL
Lass uns einen Schritt zurücktreten und das große Bild betrachten. In einer Welt, die immer komplexer wird, sind es oft die Menschen mit Spiky Profile, die die bahnbrechenden Lösungen finden.
Warum? Weil ihre Art zu denken fundamental anders ist. Sie sehen Muster, die andere übersehen. Sie stellen Fragen, die andere nicht stellen. Sie finden Verbindungen, die anderen verborgen bleiben.
Die Unternehmen, die das verstehen und nutzen, haben einen enormen Wettbewerbsvorteil. Sie haben Zugang zu Denkweisen und Fähigkeiten, die ihre Konkurrenten nicht haben.
Ein Spiky Sensory Profile kann bedeuten, dass jemand subtile Veränderungen in Daten oder Umgebungen wahrnimmt, die anderen entgehen. Ein Spiky Profile in der Kreativität kann zu Innovationen führen, die ganze Branchen verändern.
Die Frage ist nicht: “Wie können wir Menschen mit Spiky Profile an unsere bestehenden Strukturen anpassen?” Die Frage ist: “Wie können wir unsere Strukturen so gestalten, dass sie das Beste aus jedem Menschen herausholen?”
ABSCHLUSS & CALL-TO-ACTION
Menschen mit Spiky Profile sind nicht “schwierige” Mitarbeiter – sie sind Mitarbeiter mit außergewöhnlichem Potenzial, das verstanden werden will. Wenn Du lernst, ihre Stärken zu erkennen, ihre Arbeitsweise zu respektieren und die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen, wirst Du nicht nur bessere Ergebnisse erzielen, sondern auch loyalere, motiviertere Teammitglieder haben.
Hier sind Deine drei wichtigsten Erkenntnisse aus dieser Episode:
Erstens: Ein Spiky Profile ist keine Schwäche, sondern eine andere Art der kognitiven Organisation. Die extremen Stärken in bestimmten Bereichen können außergewöhnliche Werte schaffen.
Zweitens: Konsistenz ist nicht das einzige Maß für Leistung. Schwankende Spitzenleistung kann wertvoller sein als konstante Durchschnittsleistung.
Drittens: Kleine Anpassungen in Umgebung und Prozessen können große Unterschiede machen. Es geht nicht darum, Standards zu senken, sondern sie anders zu definieren.
Deine Aufgabe für die nächste Woche: Denke an einen Mitarbeiter, der Dich manchmal verwirrt – brilliant in manchen Bereichen, herausfordernd in anderen. Führe ein Stärkengespräch mit ihm. Frage: “Wann fühlst Du Dich in Deiner Arbeit am kompetentesten? Was brauchst Du, um Dein Bestes zu geben?”
Du wirst überrascht sein, was Du lernst – und wie sich die Dynamik verändert, wenn Menschen sich verstanden fühlen.
In der nächsten Episode sprechen wir darüber, wie Du psychologische Sicherheit für neurodivergente Teammitglieder schaffst – das Fundament für alle erfolgreichen Spiky Profile.
Wenn Dir diese Episode geholfen hat, dann teile sie mit anderen Führungskräften, die von diesen Erkenntnissen profitieren könnten. Abonniere den Podcast und hinterlasse gerne eine Bewertung.
Bis zum nächsten Mal! Sei präsent, sei verbunden. Führe mit dem Verständnis für Dein Nervensystem – und die einzigartigen Profile Deiner Teammitglieder.
OUTRO
Das war NeuroLeadership – Führung trifft Nervensystem. Dein Podcast für klare Führung, mentale Stärke und neuroinklusive Organisationen.
________________
Timecodes für die Produktion:
* 00:00 Intro
* 02:00 Was ist ein Spiky Profile eigentlich?
* 04:00 Leistungsunterschiede neurotypisch vs. neurodivergent
* 10:00 Drei praktische Tipps für den Umgang
* 15:00 Langfristige Perspektive als Wettbewerbsvorteil
* 16:30 3 Take-Aways
* 17:00 Deine Aufgabe für die nächste Woche
Geschätzte Gesamtdauer:
________________